Aufruhr bei den Piraten wegen BGE

Der erste Tag des Bundesparteitages der Piraten ist vorbei. Ich hab ihn aus der Ferne verfolgt.

Es gab vor der Abstimmung zum BGE-Antrag Diskussionen und hinterher auch noch. Von den Medien wird den Piraten nun eine „Linkslastigkeit“ unterstellt, die ich so gar nicht sehe.

Ich zähle mich eher zu den konservativen Piraten, wenn es denn so etwas gibt. Und ich kann mich trotzdem für die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens(BGE) erwärmen.

Warum?

Der Traum von Vollbeschäftigung ist wohl seit Jahrzehnten ausgeträumt. Es gibt einfach nicht für alle Menschen Arbeit. In der DDR gab es die, weil einfach mehr Leute beschäftigt wurden, als benötigt wurden.

Aber die Zeiten sind vorbei.
Und ich kann es nicht verstehen, warum man Menschen Repressalien aussetzt, zwangsbeschäftigt, sie ihrer Altersvorsorge beraubt und ständig überwacht, nur weil man sie auf dem Arbeitsmarkt nicht braucht. Das ist doch die Realität, vor der man die Augen nicht verschließen soll.
Und es ist auch erwiesen, dass Kinder, die in solchen Verhältnissen aufwachsen, es sehr schwer haben, dort auszubrechen und „was besseres zu werden“. (Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass diese Klasseneinteilung in ganz arm und Elite so gewollt ist…)

Aber zurück zum BGE.
Was soll daran falsch sein, allen Menschen die gleiche Chance zu geben? Ein Grundeinkommen, mit dem man über die Runden kommt, ohne dass irgendeine Behörde Bedingungen zu diesem Geld stellen kann. Ein Einkommen, dass allen Menschen gleich zusteht.

Die Kritiker werfen jetzt ein, dass das ja der Kommunismus sei und doch gar nicht funktionieren würde, weil ja alle dann nur noch auf der faulen Haut liegen würden. Aber da muss ich widersprechen.

Ziel des Kommunismus ist doch, alle Menschen gleichzuschalten und Eigentum des Einzelnen abzuschaffen und das ist das BGE nicht.

Hier erfolgt eine Grundsicherung und egal, was der Einzelne noch dazu verdient, es wird ihm nicht genommen. Bislang zeigte die Entwicklung der Menschheit immer, dass die Menschen in der Regel nach Besserem streben, sich beschäftigen wollen. Das können sie dann, ohne, dass die Arbeit der Sicherung des Lebensunterhalts dient.

Das würde wahrscheinlich den ganzen Arbeitsmarkt durcheinander bringen. Firmen müssten sich um ihre Mitarbeiter bemühen. Die Menschen könnten die Tätigkeiten ausüben, die ihnen Freude bringen. Sie „müssen“ nicht arbeiten, um die Miete zu bezahlen.

Sicherlich wird es einige geben, die dann mit dem, was sie durch das BGE bekommen würden, zufrieden sind und vielleicht den ganzen Tag Angeln. Oder sie werden sich stärker in ehrenamtliche Tätigkeiten stürzen, weil sie ja dann dazu die Zeit haben. Die meisten Menschen werden sich aber einen Job suchen, wo sie noch etwas dazu verdienen, um sich mehr Wünsche zu erfüllen.

Denn machen wir uns nichts vor, die Finanzierung des BGE wird irgendwie zu großen Teilen durch Konsumsteuern erfolgen müssen, was bedeutet, dass zumindest die Waren, die man nicht fürs tägliche Leben braucht, teurer werden.

Über das BGE kann man sicherlich viel diskutieren. Und es ist noch ein langer Weg bis dorthin, aber wie twitterte heute jemand so schön:

„Bis 1883 galt auch die gesetzliche Krankenversicherung als unbezahlbare Utopie. Wird Zeit eine neue „Utopie“ umzusetzen.“

Update:
Im Jahr 2005 hat der Spiegel ein interessantes Interview mit dem DM-Chef Götz Werner geführt. Zum Thema BGE.

2 Responses

  1. Kann ich so bestätigen, ich bin Pirat und eher Anarchistisch eingestellt.

    Das Grundeinkommen ist dennoch nicht Links, die FDP (Liberales Bürgergeld) und CDU (Althaus Modell) sowie die Neoliberalen (Milton Friedman) haben sich ebenfalls damit beschäftigt. In Der Linkspartei und Grünen gibt es natürlich auch Initiativen.

    Man kann es somit unabhängig vom jeweiligen Wirtschaftssystem als eine Antwort auf die schwindende Erwerbsarbeit sehen. Zudem hat es ein Liberales/Anarchistisches Element weil es die Freiheit des Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht wie bei den Linken den starken Staat oder bei den Neoliberalen den „Freien Markt“.

    Somit ist das BGE gewiss nicht Links, sondern jenseits des klassischen „Links/Rechts“ Schubladen denkens.

  2. Die Idee mit dem BGE, Bürgergeld , oder wie man es auch nennen mag, kommt alle Jahre wieder auf. Wie schon geschrieben geht diese Idee quer durch alle Parteien. Und das ist doch schon mal ein Zeichen, es gibt den Willen dafür in allen Schichten. Ich sehe es auch so, es ist keine linke Idee, sondern aus der Mitte der Gesellschaft. Nur warum ist diese Idee bis jetzt immer gescheitert? Ich habe den Eindruck, es ist von den „Oberen“ gar nicht gewollt. Man spricht das Thema an, „jagt eine Sau“ durchs Dorf, um anschließend zu sagen;sorry die Mehrheit trägt das nicht. Mir fehlt dabei immer eine Portion Ernsthaftigkeit. Und stellen wir uns mal vor, das BürgerGeld oder wie es auch immer heißt, wird umgesetzt? Wie viel Beamte, Angestellte Behörden stellen dann ihre Existenz in Frage? Deutschland hat sich schon immer schwer getan was Veränderungen, Reformen betrifft. Darum: steter Tropfen höhlt den Stein.

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