Fast jeder, der ein Vorstandsamt inne hat, sei es als Vereinsvorstand oder in einer Partei oder auch als gewählter Abgeordneter , wird sich irgendwann einmal fragen, ob er denn nun auch wirlich die Meinung vertritt von denen, die ihn mal gewählt haben.

Manches muss so ein gewählter Vertreter selbst entscheiden, das ist normal und etwas Eigenverantwortlichkeit muss man jedem auch zugestehen bzw. einfordern.

Nur gibt es mitunter Situationen, wo man nicht genau weiß, wie die Bürger(um mal bei dem Abgeordneten zu bleiben) denken und Mehrheiten bilden würden. Um dann ein Meinungsbild zu bekommen, gibt es Versammlungen oder ähnliches, wo aber auch nur ein Bruchteil anwesend sind.

In der Piratenpartei wurde jetzt parteiintern ein Werkzeug eingeführt, welches die Meinungsfindung erst einmal „innerbetrieblich“ erleichtern soll. Das hat den hübschen neudeutschen Namen „Liquid Feedback“ (LF), was ich jetzt einfach mal mit „flüssiger Rückmeldung“ übersetze und so auch nicht gerade Aufschluss über den Inhalt dieses Werkzeuges gibt.

Ich versuche es einfach mal zu erklären, ohne viel technische Begriffe zu verwenden:
Es handelt sich um eine Software, auf die angemeldete Nutzer per Internet zugreifen können. Dort ist es jedem Nutzer möglich selbst Initiativen zu starten, ander zu unterstützen, Anmerkungen zu geben und abzustimmen.

Ich mach es mal an einem Beispiel aus der Lokalpolitik, was so zwar nicht im bundesweiten LF zu finden sein wird, aber die Sache besser verdeutlicht.
Denn, um es vorweg zu nehmen, ich sehe LF als Werkzeug hier in der Lokalpolitik, um irgendann mal wirklich zu wissen, was für den Bürger wichtig ist.

In dieses LF stellt nun ein Bürger eine Idee, ein Vorschlag oder eine Forderung als Text ein, den er für wichtig hält. Nun muss er das so formulieren, dass ihn auch andere verstehen und möglicherweise diese Initiative unterstützen. Denn nur wenn ein gewisser Prozentsatz der Nutzer des Systems diesen Vorschlag unterstützen, kommt er in die nächste Phase. Das ist wichtig, da hier im Vorfeld sinnlose Vorschläge gleich ausgesiebt werden.

In dieser ersten Phase kann man dem Verfasser Anregungen mitgeben. Diese Anregungen sind von allen lesbar und sollen bewirken, dass so eine Initiative auch am Ende durchdacht ist. So kann man seine Unterstützung daran festmachen, dass der Initiator die Anregung X in seine Initiative aufnimmt. Der Initiator sieht, wieviele potentielle Unterstützer es gibt und welche Anregungen sie umgesetzt sehen würden.

In dieser Diskussionsphase gibt es noch keine Möglichkeit der Nutzer, gegen irgendetwas zu stimmen. Man macht entweder Anregungen und hofft auf die Umsetzung oder startet zu dem Theme einfach eine alternative Initiative. So mal als Beispiel: Nutzer A schlägt vor, ein Gebäude in der Stadt soll abgerissen werden, weil es die Stadt verschandelt. Nun könnte es dazu z.B. die Anregung vom Nutzer B geben, dass er dem zustimmt, wenn beim Abriss ordentlich Sprengstoff verwendet wird. Nutzer C dagegen möchte den Abriss nicht und startet eine alternative Initiative, in der er für die Erhaltung des Gebäudes plädiert.

Finden sich bei beiden Initiativen genügend Unterstützer, dann wird nach x Tagen die Diskussionsphase beendet und man kann abstimmen.

Und am Ende erhält man ein Meinungsbild, dass dann auch ganz gut die mehrheitliche Meinung abbildet.

Interessant im LF ist auch noch die Delegierungsmöglichkeit. In der Regel werden im LF der Übersichtlichkeit die Initiativen gewissen Themenbereichen zugeordnet. Hier kann ich nun, wenn ich mich in einem Themenbereich nicht so auskenne, meine Stimme jemndem anderen übertragen. Der stimmt dann immer mit einer zusätzlichen Stimme ab. So kann man verhindern, dass die Beteiligung zu gering ist, weil sich vielleicht einige nicht trauen, bei komplizierten Themen abzustimmen.

Das klingt jetzt vielleicht alles etwas wirr, ist aber auch nicht so einfach in ein paar Sätzen zu erläutern. Das, was vielleicht zu kompliziert hier aufgeschrieben wurde, ist im LF mit wenigen Mausklicks erledigt.

Ich jedenfalls könnte mir vorstellen, in naher Zukunft so ein Werkzeug im Ortsteil oder in der Stadt den Bürgern an die Hand zu geben, um ihnen so ein effektives Mitmachen in der Lokalpolitik zu ermöglichen.