Da der Gewerbeverein in der Strausberger Altstadt immer wieder mit der Idee kommt, aus der Großen Straße einen verkehrsberuhigten Bereich(im Volksmund auch Spielstraße genannt) zu machen, aber aus Richtung des Straßenverkehrsamt hier ein deutliches Nein angesagt wird, hab ich mal etwas recherchiert, weil dieses „Nein – geht nicht“ so etwas geradezu herausfordert. 🙂

Und siehe da, es geht in anderen Städten anscheinend doch.
Als Begründung für das Nein in Strausberg wird immer angeführt, dass in der Straße zu viel Verkehr herrscht und dass das der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer entgegensteht.

Ich habe lange gegoogelt um herauszufinden, was denn nun ein „sehr geringer Verkehr“ sein soll, der bei so einem verkehrsberuhigten Bereich vorausgesetzt wird.  Gefunden habe ich das hier:

Neue Mischflächen dürfen nur bei Straßen mit „geringem Verkehr“ (EFA, 3.1.1; RIN, 5.5) eingesetzt werden, bei bereichsweiser Anwendung sogar nur bei „sehr geringem Verkehr“ (VwV-StVO zu Zeichen 325.1 und 325.2; seit 1.9.2009). Die RASt definiert die einsetzbare Größenordnung: „Verkehrsstärken unter 400 Kfz/h“ (was normalerweise etwa 4.000 Kfz/Tag entspricht) (RASt 5.1.2, „Entwurfsgrundsatz“).

Da ich die Zahlen der letzten Verkehrszählung nicht mehr verfügbar hatte, habe ich sie mir aus der Verwaltung geben lassen. Und das waren im Durchschnitt 3.000 Kfz/Tag in der Großen Straße. Von viel Verkehr ist hier also nicht auszugehen.  Weiter gehts im Text:

Straßenverkehrsrecht und Regelwerke haben mit dieser Mengenbegrenzung die Ermöglichung einer Aufenthaltsfunktion des Fußverkehrs in der Straßenmitte bzw. von Kinderspielen im Blickpunkt. Mischflächen mit einem beschilderten Fußverkehrsvorrang (Zeichen 325) eignen sich aber auch, um in bestimmten Straßenzügen oder Platzräumen überall attraktive Querungsmöglichkeiten für den Fußverkehr anzubieten – bevorrechtigt, sicher und städtebaulich integriert. Erfolgreiche Fälle entsprechend betriebener Geschäftsstraßen und Plätze mit Kfz-Mengen über 700 Kfz/Stunde und Fahrgasse gibt es im Inland (z.B. Kevelaer und Duisburg) sowie Ausland (z.B. „Begegnungszone“ Zentralplatz Biel, Schweiz).(Quelle)

Es geht also doch. Oder gilt dort eine andere Straßenverkehrsordnung? Halt nein, ist ja ein Bundesgesetz. Aber warum ist dann unser zuständiges Straßenverkehrsamt an dieser Stelle so unflexibel?

So eine „Spielstraße“ kann auch bei uns funktionieren und bietet den Vorteil, dass Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeuge den Straßenraum gemeinsam nutzen können. Der Verkehr wird automatisch verlangsamt(Schrittgeschwindigkeit, Fußgänger und Fahrzeuge sind gleichberechtigt), der Wechsel auf die andere Straßenseite wird einfacher. Höchstwahrscheinlich wird der Durchgangsverkehr abnehmen, da man dann schneller über die Straße an der Stadtmauer sein wird, als wenn man im Schrittempo durch die Altstadt zuckelt. Und ein großes Manko der Fußgängerzone, die Erreichbarkeit der Geschäfte mit dem PKW, ist damit auch gelöst.

Was wäre jetzt zu tun?

Damit die Verwaltung nicht länger mit der Einrichtung einer Fußgängerzone beschäftigt ist, bei der ja auch so langsam die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung bröckelt, sollte dieser Beschluss erst einmal aufgehoben werden.

Da ja immer ein Verkehrskonzept für die Altstadt gefordert wird, wäre ich für die Bildung einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Verwaltung, Kommunalpolitik und interessierten Bürgern, die sich damit befassen. Ergebnisse könnten dann in entsprechende Beschlüsse umgesetzt werden. Großartige Untersuchungen würde ich an dieser Stelle gar nicht mehr beauftragen, sondern nur mal das vorhandene Material auswerten, komprimieren und richtige Schlüsse daraus ziehen. Und das ist ja nicht wenig Papier.

Dann sollten wir uns für so einen verkehrsberuhigten Bereich einsetzen. Falls Herr Wähner vom Straßenverkehrsamt immer noch Bedenken hat, sollten wir einerseits uns mit den Städten in Verbindung setzen, wo es funktioniert und Informationen zur Umsetzung einholen. Andererseits könnte man dem Straßenverkehrsamt auch vorschlagen nach § 45 (1) Punkt 6 zu verfahren:

§ 45 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

….

6. zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

Hier noch ein interessantes Dokument mit Beispielen anderer Städte, wo es funktioniert: PDF