schwieriger Parteitag

Ich sitze ja hier noch live im Bundesparteitag der Piratenpartei in Hamburg. Aber jetz kann man bereits ein Fazit ziehen:
Zuviel Basisdemokratie ist einfach nur schädlich.

Bei vielen, die sich gern hier am Micro zu Redebeiträgen versammeln, ist offensichtlich, dass sie sich nicht wirklich mit so mancher Thematik befasst haben. Man kann das aus den Fragen teilweise deutlich heraushören.
Bei so einer Menge an Leuten kann man einfach nicht mehr so arbeiten. Offensichtlich wird das, wenn man sieht, dass jetzt eigentlich Schluss wäre und wir noch Tagesordnungspunkte für mehrere Stunden offen haben.
Dann kommt noch dazu, dass hier Leute zu Themen reden, die fachlich einfach keine Ahnung haben. Bestimmte Satzungsänderungen wären schon sinnvoll gewesen, wenn man eine Satzung haben möchte, mit der man einfach und flexibel arbeiten kann.
Wer da logisch und mit dem nötigen Wissen herangeht, der dürfte normalerweise keine Rückfragen haben und entsprechend abstimmen. Aber das diese Ahnungslosigkeit hier offensichtlich Mehrheiten hat, zeigt sich bei der Abstimmung, wo solche einfache Änderungsaträge keine Mehrheiten finden.
Bei dem Wachstum der Partei fehlt jetzt langsam eine Zwischeninstanz, die solche Beschlussvorlagen vorbereitend bearbeitet und die Mehrheiten dafür findet. Also so eine Art Länderkonferenz, die dann Delegierte auf einen Parteitag schickt. Anders wird es nicht mehr funktionieren.

Aber interessant ist so ein Parteitag allemal. Die Gespräche am Rande sind recht aufschlussreich und man lernt jede Menge Leute kennen.
Und theoretisch müsste ich langsam nach Hause, da ich morgen noch eine längere Fraktionssitzung habe und mir noch nicht einmal die ganzen Vorlagen durchgelesen habe.

16 Antworten

  1. Meine Einschätzung über den Livestream: Eine straffere Organisation von Anfang an wäre nötig.

    Im Übrigen könnte man bestimmte Antragsarten einem vorab-Quorum unterziehen. Ein Satzungsänderungsantrag müsste dann beispielsweise von 10-20 Piraten unterstützt werden, um die Antragsfülle zu reduzieren.

    Ich halte es aber für ziemlich arrogant, wenn du all diejenigen, die nicht deine Meinung vertreten, als „ahnungslos“ diffamierst. „Einfach und flexibel“ ist nicht automatisch gut. Ich weiß nicht, welche Anträge du genau meinst, aber diejenigen, die diese Anträge abgelehnt haben, haben dafür sicherlich auch Gründe.

  2. Mir kam es auch so vor, als wollten einige die behandelten Anträge auf dem Parteitag erklärt bekommen. Dass das nicht funktionieren kann, dürfte doch jedem klar sein.
    Ein Parteitag soll Beschlüsse fassen, da muss man sich im Vorfeld dazu eben schon schlau machen. Wie es Sebastian getwittert hat: Antrag – Rede – Gegenrede – Beschluss. Das muss zackig passieren, gerade wenn man so eine Fülle an Themen zu beschließen hat.
    Ich hoffe die Frage, ob man auch Gäste zum Parteitag zulassen soll, hat sich damit erledigt.

  3. Mal im Ernst. Für mich ist es ebenfalls politisches Neuland und mit gerade mal 3 Wochen Mitgliedschaft darf ich mich wohl getrost zu den „Ahnungslosen“ gesellen. Bei so manchen Antrag (gerade bei den Satzungsänderungen) war allerdings bereits beim ersten Auflegen klar, dass dies kein Ergebnis geben wird. Teilweise mehrere Aspekte ineinander verwoben, dafür in meheren Varianten… teilweise von den gleichen Leuten… und das die Diskussion dabei keine Linderung verschafft ist doch eigentlich klar. Ich denke es gehört auch dazu, dass die Antragssteller klar machen, weswegen sie überhaupt entsprechenden Eintrag eingebracht haben… und ggf. auch verschiedene Teilaspekte versuchen einzeln einzubringen, damit man sich nicht in Teilaspekten verfängt. Eine Vorsortierung mit einer bestimmten Unterstützeranzahl wäre schon eine Erleichterung…

  4. Ich stimme der Einschätzung des Autor im wesentlichen zu.
    Ich habe beide Tage den BPT09 online verfolgt und werde mich in meinem Landesverband für eine inhaltliche Vorbereitung und Diskussion einsetzen, sodass der Bundesparteitag nächstesmal wirklich effizient ablaufen kann.

    Allerdings spricht nichts gegen Basisdemokratie!
    Es liegt an der mangelden Organisation die immer noch (vor allem in den Landesverbänden) nicht geleistet wird!

    methodische Vermittlung und Debatte muss schneller stattfinden.

    Dann kann Basisdemokratie auch auf dem BPT besser und effizienter funktionieren.

  5. Wenn ma zwei Tage dort gesessen hat, dann bekommt man halt so einen Eindruck.

    Ich möchte auf keinen Fall hier den dort Anwesenden irgendwas unterstellen, aber es fiel auf, dass genau die am wenigsten Gehör fanden, die inhaltlich sattelfest waren. Das ging im allgemeinen Geblubber von Fragen und Statements unter.
    Im Auto auf dem Heimweg war das auch noch Diskussionsthema.

    Wir kamen zum Schluss, dass irgendein Gremium da wirklich vorgeschaltet werden muss. Hier in der Lokalpolitik funktioniert daas ja ähnlich. Wir würden es kaum schaffen, die lange Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung abzuarbeiten, wenn wir nicht vorher schon uns inhaltlich in den Ausschussitzungen geeinigt hätten.
    Und so ein Parteitag würde sicherlich kontrollierter ablaufen, wenn es eine Delegiertenkonferenz wäre. So mit Mitgliederbezogener Anzahl an Delegierten der Landesverbände. Dann hätte man sich bereits auf Landesebene mit der Thematik beschäftigt und würde gut vorbereitet zum Parteitag fahren. Gleichzeitig bestände die Chance mit anderen LVs bereits im Vorfeld Mehrheiten auszudiskutieren.

    Dann besteht auch die Möglichkeit, dass wir auch die Tagesordnung schaffen und nicht ins nächste Jahr verschieben müssen.
    Basisdemokratisch wär diese Variante sogar noch eher, da die Piraten in den Ländern eher eie Chance haben, lokal zu ihrem Landesparteitag zu kommen, als zwei Tage nach Hamburg zu fahren.
    Wer am Wochenende viele Leute aus seinem Land mitgebracht hatte, war in der Mehrheit.
    Und das kann es doch auch nicht sein…

  6. Schöner Erfahrungsbericht – deckt sich auf mit dem kritischen Artikel von heute auf spiegel-online.
    Die Partei ist zwar noch jung, aber wer laut trommelt, muss auch zeigen, dass man bürokratische und organisatorische Hürden nehmen kann. Die Partei weist schöne Gemeinsamkeiten zur Gründung der Grünen auf. Auch waren anfangs ein „verlodderter“ Haufen, die meinten, basisdemokratisch und es wird schon laufen.

    Ich würde mich derzeit als ein potenziellen Piraten bezeichnen, aber könnte mich auch nicht zu jeder politischen Forderung äußern. Da wäre es für viele Interessierte und Mitglieder sehr hilfreich, wenn man Kurzzusammenfassungen, Artikel und Literatur zu den Themen erstellt, so dass sich jeder soweit in die betreffende Thematik einlesen kann, wie er es möchte. Dadurch würde man Änderungsanträgen besser folgen und sich entsprechend besser dazu positionieren können.

    Je größer, ernsthafter und professioneller diese Partei wird, umso mehr muss eine mitgliederfreundliche Organisation her. Da hat man mit Tauss doch gleich den richtigen Ansprechpartner, der den einen oder anderen hilfreichen Tipp geben kann. Man muss von den etablierten Parteien nicht alles 1:1 übernehmen, aber auch da wird man einige Sache finden, die gut zu den Piraten passen. Man muss das Rad ja nicht neu erfinden.

    Auf jeden Fall danke für den Bericht und viel Erfolg bei der BTW.

  7. Die grünen waren vielleicht am Anfang ein „verlodderter“ Haufen, auf jeden Fall chaotisch.
    Aber eben auch: Ehrlich und zu ihren Standpunkten (Bürgerrechte, Frieden, Umweltschutz …) stehend.
    Das würde ich heute (schon seit langem) nicht mehr behaupten wollen.

  8. Leute, dass wir mittlerweile in einer Zeit leben, in der man schon darueber diskutieren muss, ob kinderpornografische Seiten im Internet gesperrt werden oder nicht, macht mich fassungslos.

    Es ist jawohl selbstverstaendlich, dass solche Seiten, die zeigen wie Kinder missbraucht werden, gesperrt gehoeren, da sollte man doch eigentlich gar nicht drueber diskutieren muessen.

    Und dabei sielt es keie Rolle, ob damit den kindern primaer geholfen wird, hierfuer muessen sicher andere Massnahmen herangezogen werden, aber es ist doch eine prinipielle Sache, dass Kinderpornos nicht frei zugaenglich gemacht werden duerfen. Das Internet ist doch kein rechtsfreier Raum.

    Da die PiratenPartei sivh aber genau dieses Thema ausgewaehlt hat, asonsten auch noch von Politik keine bis far keine Ahnung hat, kann ich nur davor warnen solch eine „Partei“zu waehlen.

  9. Ich denke, ich könnte Mitglied der Strausberger Piratenpartei werden, einfach weil es herausfordernder ist, von Anfang an dabei zu sein und die Strukturen mit zu bestimmen, anstatt sich in ein gemachtes Nest zu setzen und sich von oben herab Vorgehensweisen und Posten diktieren zu lassen – und das in einem Kreis von Menschen, die zwar politisch erfahren, jedoch in ihrer politischen Paranoia gefangen sind. Als ehemaliges SPD-Mitglied habe ich zumindest davon die Nase voll.

    Was die Anmerkung von „Koepfer“ anbelangt, so musste ich lachen. Mit dem Thema Sperren hat die Wurfprämpien-für-Bildungsnahschichten-fordernde Ursula begonnen, die mit eben jener Prämie gescheitert ist und sich ein neues Thema gesucht hat, mit dem sie im Zuge des kommenden Wahlk(r)ampfes einen festen Platz in der Presse hat. Dass sich jemand – übrigens: nicht nur bei der Piratenpartei – gegen die Instrumentalisierung der misshandelten Kinder durch Aufbau eines Sichtschutzes statt Strafverfolgung stellt ist doch nur logisch. Es wäre geschmacklos, wenn dem nicht so wäre.
    Würde man somit nach Wählbarkeit gehen, dürfte man weder Teile der SPD, noch nicht einmal Teile – wenn auch stille Minderheiten – der CDU wählen, also bitte. Erst informieren -> dann schreiben.

    Was mir persönlich fehlt ist ein Konzept der Piratenpartei zu anderen Themen. Ich denke, dass ein sozialer „Einschlag“ gerade in diesen Zeiten helfen würde, das linke Lager endgültig zu demoralisieren (Konkurrenz belebt das Geschäft), die CDU zu demaskieren (weil sie zu sozialen Themen deutlicher Stellung beziehen müssten) und die restlichen Wählerschichten zu mobilisieren. Denn ich sehe, gerade in Strausberg, eine Überalterung der politischen Themen und Baustellen, nicht einmal der Gesellschaft.

    Ich kann auch nur raten, sämtliche Prozesse mit allen gemeinsam zu gehen. Basisdemokratie ist anstrengend, ohne Frage, aber das Gemeinsame ist es, was neben aller Schwierigkeiten auch die Chance darstellt, endlich auch die Jugend, zu der ich mich zähle, zu „aktivieren“. Wir hassen Politik nicht, wir haben es einfach nur satt gerade dort, wo wir aus den täglichen Hierarchien ausbrechen und unsere Meinung kundtun wollen, wieder in einer Hierarchie zu landen.

    Sicherlich kein Multikoch-Brei, aber auch nicht: gemeinsam einsam. Ein Attribut der Piratenpartei, das , ähnlich einem Rohdiamanten, lediglich geschliffen werden

  10. @ Koepfer: An diesem Kommentar sieht man sehr schön, dass Du entweder sehr uninformiert bist oder absichtlich diese Falschinformationen hier schreibst.
    Noch mal ganz kurz zum besseren Verständnis:
    – es ist nachgewiesen, dass man solche Seiten problemlos löschen lassen kann,
    – die Sperrliste, die jetzt entstehen soll, wird unkontrolliert durch das BKA verwaltet. Welche Seiten landen demnächst auf dieser Liste?
    – das Internet ist noch nie ein rechtsfreier Raum gewesen, es ist aber zu befürchten, dass hier immer mehr die Bürgerrechte eingeschränkt werden. Warum?
    Wir befürchten hier eine Einführung einer Zensur, der man natürlich nicht widersprechen darf, weil das ja alles unter dem hochgelobten Kinderschutz präsentiert wird.
    Viele Experten haben bereits nachgewiesen, dass eine solche Sperre die wirklichen Täter nicht abhalten wird. Warum will die Frau von der Leyen das dann trotzdem?
    Und bist Du im Internet schon mal auf eine Kinderpornoseite gestossen?
    Ich nicht.
    Wer sagt uns, dass es davon so viele geben soll? Von der Leyen hat schon nachweislich falsche Behauptungen von sich gegeben, um für ihr Zugangserschwernisgesetz zu werben.
    Bitte informiere Dich vorher über die Fakten, wenn Du hier kommentierst.
    Danke.

  11. @Koepfer

    Deine Argumentation zeugt von Unwissen. Das Ziel, etwas gegen KiPo zu unternehmen, wird von allen geteilt. Bei der Wahl der Mittel hingegen gehen die Meinungen weit auseinander. Wenn Pishingseiten weltweit innerhalb von 6-12 Stunden löschbar sind, fragt sich der geneigte Bürger warum dieses bei KiPo nicht machbar ist. Also kann man anstatt der einfachen Sperrung (die ineffektiv ist) den schwereren Gang der Löschung gehen. Dafür sollte sich unsere Ulla mal einsetzen.

    @Cookie
    Sicherlich wäre ein ganzheitlicher Kanon wünschenswert, aber es braucht auch Zeit, bis sich die Partei über solche Dinge verständigt & informiert hat und dieses in eine politische Forderung transformiert.

    Problematisch ist aber zu sehen, wo die Stimmen auf Dauer herkommen werden. Mit den Piraten ist für viele Personen eine weitere Partei wählbar, die eher dem linken Spektrum zuzuornden ist. Die SPD war meine bisherige politische Heimat und lt. ihrer Präambel stehe ich auch weiter hinter ihnen – die Entscheidungen der letzten beiden Jahre machen sie aber zZ unwählbar für mich. Nutznießer der ganzen Debatte ist da eher das konservative Lager.

  12. sagt mal – weiß einer, warum dirk hillbrecht nicht mehr angetreten ist? er war doch bis zum wochenende vorsitzendwer… hängt das mit den fernsehauftritten in den letzten tagen zusammen?

  13. Ich denke es sollte niemand vergessen, dass wahrscheinlich mehr als 90% der Piraten politische Laien sind. Da muß das organisatorische eben auch mal warten, bis eben alle begriffen haben wo ihr Platz zum diskutieren ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Partei Mitglieder ihr Eigen nennt, denen die professionalisierte Politik gehörig auf den Sender geht, eben weil diese durchsetzt ist von Falschaussagen und Halbwahrheiten. Es sollte sich also jeder lautstark äußern und den Platz dazu wird wahrscheinlich jeder mehr oder weniger selbst finden.

  14. Ich stimme mit dir zwar darin ueberein, dass leider relativ viel Zeit unnoetig vertan wurde. Allerdings moechte ich die basisdemokratische Organisation der Piratenpartei daher nicht direkt abschaffen – im Gegenteil finde ich sie sogar begruessenswert. Ich halte es fuer einen entscheidenden Aspekt, selbst ueber das Wahlprogramm ‚meiner‘ Partei mitbesitmmen zu duerfen. Und ich will in diesem Zusammenhang keine Delegiertenversammlungen.

    Den Schuh der Uninformiertheit muss ich mir leider auch anziehen – ich hatte einfach keine Zeit, im Vorfeld alle Antraege durchzulesen, fand die kurzen Zusammenfassungen am Anfang zusammen mit einem Nachlesen waehrend der Veranstaltung allerdings im Allgemeinen ausreichend. Zumindest habe ich davon abgesehen, die Veranstaltung durch Verstaendnisfragen zu unterbrechen und im Zweifelsfall einfach nicht mit abgestimmt [die Schuld liegt in diesem Fall ja bei mir selbst].

    Und das finde ich im Grunde genommen ausreichend. Es wird ja niemand gezwungen, an so einem BPT oder jeder Abstimmung teilzunehmen.

    @Simplizissmimus: Er hat dich dazu auf dem BPT kurz geaeussert. Soweit ich es verstanden habe, hatte er das von Anfang an nicht vor und ist davon jetzt auch nicht abgewichen [das alles wird schliesslich ehrenamtlich gemacht].

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