Verpollert

„Und ich befürchte ganz stark, dass die 31.400 Euro nur der erste Happen war. Das Experiment Öffnung Südende der Großen Straße wird noch weit aus teurer, als man jetzt ahnt.“

Das schrieb ich im November 2009 hier ins Weblog und stelle fest, dass ich mich hier nicht geirrt habe. Mittlerweile ist die Stadtmöblierung, die den Verkehr ausbremsen soll(100.000€) dazugekommen, und diverse Untersuchungen des Verkehrs und der Altstadt, Planungskosten u.a. sind sicher auch noch eine nicht zu verachtende Größe.

Als I-Tüpfelchen wird nun für ca. 30.000€ ein zweiter, absenkbarer Poller eingebaut, um den ungewollten Durchgangsverkehr aus der Großen Straße fernzuhalten.
Also alles Kosten, die auf diesen unsäglichen Beschluss aus dem Jahr 2009 zurückzuführen sind, den damals die SPD und die Linke hier in Strausberg mehrheitlich durchgedrückt haben.

Kosten, die man hätte vermeiden können. Genauso die gefühlt, unendliche Zeit, die man mit Diskussionen rund um die Verkehrsführung in der Altstadt verbrachte. Denn die Verkehrssituation ohne den Poller an der Sparkasse, war vielleicht nicht die Beste, aber es funktionierte. Die Menschen kamen in die Altstadt und konnten ihre Einkäufe tätigen und auch mal im Cafe sitzen. Es war relativ ruhig, da es keinen Durchgangsverkehr gab.
Also ein Zustand, der jetzt eingefordert wird und den man jetzt recht kurios mit einem zusätzlichen Poller herstellen möchte.

Dabei wäre es doch wesentlich einfacher.

Den Poller am Südende schließen und wir hätten augenblicklich den Zustand wiederhergestellt, der gefordert wird.

Aber das wäre anscheinend zu einfach. Rot-Rot will anscheinend nicht ihr Gesicht verlieren und ihren damaligen Vorstoß jetzt offiziell als blödsinnig zugeben.
Statt dessen beschließt man eben den nächsten Blödsinn, währenddessen in der Bevölkerung laut nach einer Befragung aller Einwohner gerufen wird.

Aber mal ehrlich: Was soll das denn bringen? Leute, die eventuell zweimal im Monat in die Altstadt pilgern, sollen über die Altstadt entscheiden? So aus dem Bauch heraus? Was dabei herauskommt, sieht man an den Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung. Da denken auch die wenigsten logisch und versuchen, die Interessen der verschiedenen Gruppen gegeneinander abzuwägen. Also die der Geschäftsleute, Anwohner, Fahrzeugfahrer, Fußgänger, Radfahrer, Einkaufenden…

Und genau da hätte ich auch ein Problem bei einer Einwohnerbefragung. Das Thema Große Straße wird ja nun schon seit einer Weile recht emotional diskutiert. Und genau diese Emotionen helfen nicht weiter, wenn man eine gute Lösung erreichen will.
Ich versuche mal auf einige Probleme näher einzugehen.

Zweiter Poller(momentan Beschlusslage in der SVV, die umgesetzt werden soll):

Der teilt die Stadt noch weiter in Nord und Süd und wird den Norden noch weiter abhängen. Geschäfte werden dort in naher Zukunft keine mehr vorhanden sein bzw. sich ansiedeln, da nun noch mehr Besucherverkehr wegfällt.
Ganz großes Manko bei dieser Lösung ist der unnötige Verkehr, der hier entsteht, wenn Autoverkehr in die bislang recht ruhigen Wohnbereiche der Altstadt umgeleitet wird. Das geschieht, da der Verkehr ja nicht direkt aus der Großen Straße abfließen kann, sondern tagsüber über den Buchhorst, den Lindenplatz und über die Georg-Kurtze-Straße/Klosterstraße. Zusätzlich entsteht Verkehr, wenn man mit dem PKW in beiden Hälften der Stadt zu tun hat.

Einbahnstraßensystem (gern von immer mehr Bürgern gefordert):

Verhindert das Durchfahren der Altstadt nur in einer Richtung, Durchfahrtsverkehr bleibt also bestehen.
Der Verkehr wird automatisch schneller, was nicht gewollt ist. Durch gegenseitig versetzte Parkplätze kann man hier dem etwas entgegenwirken, aber gerade Nachts, wenn nicht alle Parkplätze belegt sind, wird wieder gerast.
Auch hier entsteht unnötiger Verkehr in den Randbereichen bzw. dadurch, dass man „Extrarunden“ fahren muss, weil man an einem freien Parkplatz/an einem Geschäft schon vorbei gefahren ist.

Fußgängerzone

Funktioniert nur, wenn die Geschäfte in der Altstadt attraktiv genug sind, um dort ein paar Meter Fußweg in Kauf zu nehmen. Das sehe ich momentan nicht so. Zudem kommt, dass dann in der Großen Straße direkt die Parkplätze wegfallen würden. Und wenn ich mir die Parkplätze im Buchhorst und in der Müncheberger Straße ansehe, wie gut die jetzt schon belegt sind, bezweifel ich, dass wir ausreichende Parkplätze für eine Fußgängerzone zur Verfügung haben werden.

Und dann sollte jeder noch mal in sich gehen und sich fragen, ob er wirklich für den kurzen Gang zu Rossmann kostenpflichtig parken und dann och ein Stück zu Fuß gehen würde. Man muss hier wirklich mal die Realität mit dem Wunschdenken in Einklang bringen.
Wenn nämlich am Ende zu erwarten ist, dass weniger Kundschaft kommt, was wird dann aus den Geschäften?  Wenn erst der einzige Minimagnet Rossmann geschlossen hat, wird das auch andere Geschäfte mit sich reißen. Der Süden der Großen Straße wird dann so aussehen, wie der Norden jetzt schon. Kann man sich auch live in Wriezen ansehen, wie so eine Einkaufsstraße den Bach runtergeht.

Und bitte das Argument: „Funktioniert in anderen Städten doch auch“ ganz reell betrachten. In der Regel sind das größere Städte mit entsprechenden Einwohnerzahl und meistens auch noch genügend Touristen, die dort langschlendern. Also Kaufkraft, die sich auch gern mal ins Cafe setzt. Man kennt das ja von eigenen Urlauben.

Verkehrsberuhigter Bereich

Eigentlich eine super Idee. Alle Verkehrsteilnehmer nutzen den zur Verfügung stehenden Verkehrsraum gleichberechtigt. Das heißt, dass es durchaus vorkommen kann, dass man als PKW-Fahrer ganz langsam hinter ein paar Fußgängern hinterherzuckeln kann, weil die vor einem laufen. Alles wird entschleunigt.
Nur wird das in Strausberg ein Wunschtraum bleiben, da die zuständige Behörde(Straßenverkehrsamt MOL) der Auffassung ist, dass in einer Geschäftsstraße so ein verkehrsberuhigter Bereich rechtlich nicht möglich ist. Da fragt man sich nur, warum das in anderen Landkreisen/Bundesländern gemacht wird und auch funktioniert? Wer schon mal in Binz Urlaub gemacht hat:
Die schöne Fußgängerzone mit den Läden und Restaurants, die dort zur Seebrücke führt ist mitnichten eine Fußgängerzone, sondern ein verkehrsberuhigter Bereich, der durchaus mit dem Auto befahren werden kann.

Tja und was kann man jetzt noch machen?
Ich befürchte ja, dass man hier kaum noch etwas drehen können wird. Wie gesagt, wird die Linke ihren Poller(also den ersten) nicht wieder rückbauen wollen. Die SPD ist ja eh der Meinung, dass die Poller nur der erste Weg zu einer Fußgängerzone sind. Und die CDU mutiert gerade zu einer Art Umfallerpartei hier in Strausberg. Also sehr schlecht einschätzbar und thematisch geführt von einem, der bei den Grünen besser aufgehoben wäre.
Den Vorstoß, diesen Beschluss zu kippen, gab es schon und hat keine Mehrheit bekommen.

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